Spielberichte 2012SMM 1-12: Hätte, wäre, könnte ...In der ersten Runde der Schweizerischen Mannschaftsmeisterschaft trennten sich Rheintal I und St. Gallen II unentschieden 4:4. Insgeheim hatte man sich bei den Gastgebern mehr erhofft. Wäre Robert Sandholzer nicht krank geworden, wäre alles anders herauskommen. Hätten die Gäste beim Klingeln eines Handys nicht Gnade vor Recht ergehen lassen, wären beide Mannschaftspunkte weg gewesen. Hätte Sandro Schmid in vielversprechender Position nicht die Zeitlimite überschritten, wäre es ein Saisonauftakt nach Mass geworden. Der Konjunktiv II ist beim königlichen Spiel allgegenwärtig. Aber alles der Reihe nach. Kaum hatte der Wettkampf begonnen, lagen die Rheintaler auch schon im Hintertreffen. Eine Eröffnungsfalle von Marcel Mannhart, der vor einigen Jahren selbst unter Rheintaler Flagge gesegelt war, führte zu einem schnellen Sieg über den konsternierten Markus Natter. Doch Topscorer Rainer Bezler sorgte mit einer schwungvollen Angriffspartie am Spitzenbrett für den Ausgleich. Als das Pferdchen von Carlo Garlant nicht mehr in das heimische Gestüt zurückfand, war die Sache gelaufen. Auch am dritten Brett war Weiss am Drücker. Sandro Schmid hatte eine Qualität erobert, dafür allerdings viel Bedenkzeit aufgewendet. Gross war die Enttäuschung, als er in besserer Stellung kurz vor dem 40. Zug die Zeit überschritt. Ausgleichende Gerechtigkeit dafür an Brett zwei. In heraufziehender Zeitnot verlor Marc Potterat den Faden, worauf der glänzend aufspielende Fabian Matt im Doppelturm-Endspiel nichts mehr anbrennen liess.
Viermal remisGernot Hämmerle setzte wie immer voll auf die Karte Angriff. Maurin Schmidt liess sich durch die stürmische Offensive nicht aus der Ruhe bringen und hielt wacker dagegen. Das Schlachtenglück wechselte mehrmals die Seiten, bis das Remis in einem Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern unumgänglich wurde. An den hinteren Brettern hatten Markus Zoller und Kurt Kaufmann kaum Gegenspiel und gerieten heftig unter Druck. Doch sie behielten die Nerven und nach längerer Quälerei waren zwei wichtige halbe Punkte im Trockenen. Wenn das Handy dreimal klingeltIm Turnierlokal war es bis auf das Knarren des alten Holzbodens mäuschenstill, als plötzlich das Handy von Gilbert Jost für alle laut hörbar klingelte. Das Mitführen eingeschalteter Handys ist bei allen vom Schweizerischen Schachbund organisierten Turnieren strikte verboten. Beim Klingeln des Handys verliert der fehlbare Spieler sofort die Partie. Zum Erstaunen der Umstehenden setzte Roman Schmuki die Partie ruhig fort, als ob er nichts bemerkt hätte. Lobenswerte Nächstenliebe? Oder fühlte sich Roman so siegessicher, dass er nicht auf billige Art zum vollen Punkt kommen wollte? Tatsächlich wäre das Bauernendspiel für ihn gewonnen gewesen. Doch dann lief er mit dem König in die falsche Richtung, und schon war der Vorteil dahin. Nachdem beide Spieler ihren zweitletzten Bauern in eine Dame verwandelt hatten, war an einen Sieg nicht mehr zu denken. Die Rheintaler waren noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen. Rheintal I - St. Gallen IIRainer Bezler - Carlo Garlant 1:0, Fabian Matt - Marc Potterat 1:0, Sandro Schmid - Peter Klings 0:1, Markus Natter - Marcel Mannhart 0:1, Gernot Hämmerle - Maurin Schmidt ½:½, Gilbert Jost - Roman Schmucki ½:½, Markus Zoller - Frank Wittenbrock ½:½, Kurt Kaufmann - Fabian Müller ½:½ SMM 2-12: Winterthur war zu starkIn der zweiten Runde der Schweizerischen Mannschaftsmeisterschaft wehte den Rheintalern eine steife Brise um die Ohren. An sechs von sieben Brettern waren die Gastgeber mit bis zu 400 Wertungspunkten im Vorteil. Übergewicht wird in Pfunden gemessen, Reichtum in Franken und die Spielstärke bei den "Chlötzlischiebern" in Elo-Punkten. Die Skala beginnt bei 1000 Punkten (Anfänger) und endet aktuell bei 2835 Punkten (Super-Grossmeister). Der Gruppenfavorit in der ersten Liga brachte im Durchschnitt 2153 Elo-Punkte an den Start, der Schachclub Rheintal nur deren 2042. Dazwischen liegen Welten. Würde man im Schach wie im Judo Meistergürtel verleihen, dann müsste alle 200 Punkte die Farbe gewechselt werden. Mission impossibleDie Chancen, dass der schwächere Spieler zu einem Erfolgserlebnis kommt, sind bei einer Differenz von über 200 Punkten verschwindend klein. Und doch gelang es Urs Benninger (1898), den Elo-Riesen Benedict Hasenohr (2141) zu Fall zu bringen. In komplizierter Stellung übersah der Zürcher einen versteckten Zwischenzug, der Damenfang drohte. Benedict Hasenohr, seines Zeichens immerhin Mitglied des Nationalkaders U18, konnte grösseren materiellen Schaden gerade noch vermeiden, gab aber angesichts der ramponierten Stellung entnervt auf. Auch Markus Natter war drauf und dran, die geltende Hackordnung zu durchbrechen. Er vereitelte die schwarze Rochade und setzte dem König von Stefan Zollinger hart zu. Leider verlor er in der Folge den Faden und stellte eine Figur ein. Die Niederlage war umso schmerzlicher, als sie überhaupt nicht den gezeigten Leistungen entsprach. Markus Zoller und Bruno Spälti verkauften ihre Haut so teuer wie möglich, mussten sich aber am Ende ihren übermächtigen Gegnern beugen. Fabian Matt überzeugeEiner der wenigen Rheintaler, die sich mit dem Gegner Elo-mässig auf Augenhöhe befanden, war Fabian Matt. Er ging ohne Umschweife auf den schwarzen König los und entzündete ein mit taktischen Opfern gespicktes Feuerwerk. Schon nach eineinhalb Stunden war der Spuk zu Ende. Nicht so erfreulich entwickelten sich die Dinge am fünften Brett, wo Robert Sandholzer mächtig unter Druck geriet. Zwar konnte Robert den Königsangriff noch abwehren, das Endspiel mit Springer gegen drei Bauern war jedoch nicht zu halten. Der einzige Remisschluss kam am dritten Brett zwischen Horst Zesiger und Klaus Doskocil zustande. Nach fünf Stunden Spieldauer war die Stellung festgefahren und der Friedensschluss wurde unvermeidlich. Ärgerliche PanneDas achte Brett ging für die Rheintaler kampflos verloren, weil sie nicht vollzählig in der alten Kaserne antreten konnten. Was war geschehen? Aus unerfindlichen Gründen war das Aufgebot zum Wettkampf beim achten Spieler nicht angekommen. Wies die Email-Adresse einen Fehler auf oder war der Spam-Filter zu gründlich? Vermutlich jagt das Aufgebot noch heute durch den Äther. Obwohl die Forfait-Niederlage wahrscheinlich nicht matchentscheidend war, so hat sie doch die Motivation der Rheintaler beeinträchtigt. Wer rennt schon gern von Beginn weg einem Rückstand hinterher? Winterthur 3 - Rheintal 1 5½:2½Benedict Hasenhor - Urs Benninger 0:1, Dennis Kaczmarczyk - Markus Zoller 1:0, Horst Zesiger - Klaus Doskocil ½:½, Erich Lang - Fabian Matt 0:1, Mirko Ballmer - Robert Sandholzer 1:0, Stefan Zollinger - Markus Natter 1:0, Claudio Gloor - Bruno Spälti 1:0, Roman Freuler - ?? 1:0 SMM 3-12: Rien ne va plusPersonalprobleme sind beim Schachclub Rheintal ein altes Übel. Das Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die Mannschaftswettbewerbe SMM und SGM. Als ich den Mannschaftsleiter von Sandro Schmid übernahm, war mir klar, dass es eng werden würde. Vorne möglichst viele Stammspieler einsetzen, hinten mit 19- und 18-Hundertern auffüllen, das war meine Devise. In den ersten zwei Runden ging dieses Rezept knapp auf, aber in der dritten Runde kam es knüppeldick. Von der ersten Garnitur stand nur Robert Sandholzer zur Verfügung, ferner vier Ersatzleute, ich eingeschlossen. Die Mannschaftsaufstellung gegen Pfäffikon hätte wie folgt ausgesehen:
An einer Kurzsitzung am Dienstag vor der dritten Runde ist der Vorstand zum Schluss gekommen, dass es keinen Sinn macht, mit dieser Rumpfmannschaft nach Pfäffikon zu fahren. Da sich auch für die restlichen Runden keine Besserung abzeichnete, hat der Vorstand ausserdem entschieden, die Mannschaft ganz aus dem Wettbewerb zurück zu ziehen, getreu dem Motto: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Wir haben diesen Schritt wirklich ungern gemacht, aber es gab keinen anderen Weg. Es liegt mir fern, einen Schuldigen für das Grounding zu suchen. Nachdem die Mannschaft zweimal äusserst knapp in den Aufstiegsspielen gescheitert war, liessen Ehrgeiz und Motivation verständlicherweise nach. Die Luft war draussen. Es tut mir ausserordentlich leid, dass die Mannschaft auseinander gerissen wird. Aber die Zeit lässt sich nicht aufhalten. Es war ein fideler Haufen mit grossartigen Kameraden. Jeder hatte seinen eigenen Spielstil. Ich vermisse schon heute
Die Schachszene ist nicht so gross, als dass man sich aus den Augen verlieren könnte. Wir bleiben durch den wundervollen Schachsport miteinander verbunden. Zum Schluss möchte ich Euch noch einen Tipp von Gernot mit auf den Weg geben, der Euere Schachbilanz schlagartig verbessern wird: "Leute, macht fleissig Fehler, dann wird der Gegner ganz Sturm im Kopf!" In diesem Sinn alles Gute Kurt Kaufmann Schweizerische Mannschaftsmeisterschaft 7. Runde: Rheintal 2 - Davos 1 3½:2½ SMM 7-12: Wenn David gegen Goliath gewinntIn der siebten und letzten Runde der Schweizerischen Mannschaftsmeisterschaft bekam es Rheintal 2 mit einem schweren Brocken zu tun: Davos 1. Doch der Favorit wankte nicht nur, er fiel sogar. Elo-Punkte sind im Schachsport das A und O. Die Skala beginnt bei 1000 Punkten (Anfänger) und endet bei etwa 2800 Punkten (Weltmeister). Davos protzte mit einem Elo-Durchschnitt von 1970 Punkten, die Gastgeber brachten es gerade mal auf bescheidene 1710 Punkte. Statistisch betrachtet hätten die Rheintaler mit 1½:4½ Punkten untergehen müssen. Taten sie aber nicht. Davos mit viel RespektDer Wettkampf hatte erst so richtig begonnen, da machte Dragan Vulevic am ersten Brett schon ein Friedensangebot. Er handle eben im Interesse seiner Mannschaft, fügte er beschwichtigend hinzu. Er dachte wohl, dass seine Kollegen und insbesondere sein Bruder Vjekoslav schon die Kohlen aus dem Feuer holen würden. Rudolf Gautschi suchte sein Heil ebenfalls in einem Remisangebot, allerdings nicht aus mannschaftstaktischen Gründen, sondern weil ihn Kurt Lesjak gehörig unter Druck setzte. Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach, dachte sich Kurt angesichts der ungleichen Elo-Verhältnisse und schlug ein. Den Vogel aber schoss Markus Zoller ab, der dem um 464 Elo-Punkte höher eingestuften Vjekoslav Vulevic Paroli bot. Anfangs diktierte der hohe Favorit das Geschehen, doch dann befreite sich Markus mit einem Bauernopfer und erhielt gutes Gegenspiel. Der FIDE-Meister büsste den Mehrbauern wieder ein und musste sich in absolut gleichwertiger Stellung mit einem halben Punkt begnügen.
Schmählich im Stich gelassenDie Weichen zum Mannschaftssieg stellte Ismail Osmani. Zuerst eroberte der grosse Taktiker einen Springer, dann setzte er Daniel Weber mit viel Getöse ausser Gefecht. Den entscheidenden Punkt zum ganz grossen Coup steuerte Kurt Kaufmann bei. Während die schwarze Lady untätig am Damenflügel herumstand, erhielt ihr Gatte auf der anderen Brettseite ungebetenen Besuch. Der schwarze Monarch wurde eine leichte Beute der weissen Schwerfiguren. Der einzige Rheintaler, der mit der Niederlage Bekanntschaft machen musste, war Mario Milo. Sein schwarzer Rappen fand nach einem Geländeritt nicht mehr in den heimischen Stall zurück. Schweizerische Mannschaftsmeisterschaft, 3. Liga, 7. RundeRheintal 2 - Davos 1 3½:2½Pius Steiger (Elo 1746) - Dragan Vulevic (1908) ½:½, Ismail Osmani (1758) - Daniel Weber (1765) 1:0, Kurt Kaufmann (1901) - Renato Bollhalder (2013) 1:0, Markus Zoller (1857) - Vjekoslav Vulevic (2321) ½:½, Kurt Lesjak (1519) - Rudolf Gautschi (1971) ½:½, Mario Milo (1478) - Jakob Hew (1846) 0:1 |